Die kunsthistorische Einordnung des barocken Hochaltars und des Gemäldes „Christus und die Samariterin“

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Der Hochaltar

Der Hochaltar wurde 1957 im Kunsthandel erworben und zwei Jahre später in der Ascheberger Pfarrkirche aufgestellt. Zuvor war der Chorraum neugotisch eingerichtet.

Der Unterbau des barocken Hochaltares zeigt ein strahlendes Dreieck, welches das Zeichen der Dreifaltigkeit ist, mit dem Auge Gottes im Zentrum, das von einer zwölfteiligen, strahlenden Rosette umrandet ist. Ein Schnitzwerk aus Weinranken, Trauben und Ähren rahmen das strahlende Dreieck. Die Predella, der Sockel auf der Altarplatte, greift das Bild der Weinranken mit gereiften Trauben auf. Im Zentrum des Altaraufsatzes steht das Gemälde „Christus und die Samariterin“ von Abraham Bloemaert, das auf einem blauen Hintergrund befestigt ist. Über dem Altaraufsatz ist ein auf einer Wolke und einem Kreuz sitzendes Lamm zu erkennen. Ein Lamm als Opfertier des Alten Testamentes mit dem Zusatz eines Kreuzes ist Sinnbild für Jesu Christi Leid. Über diesem ist wiederum ein strahlendes Dreieck erkennbar, in dem Jahwe als Name Gottes geschrieben steht. Dieses ist umgeben von drei fliegenden Kinderfiguren mit Engelsflügeln sowie zwei Engelsköpfen.

Auf der rechten sowie linken Seite der Dreifaltigkeitsdarstellung sind zwei Figuren zu erkennen. Die rechte Figur stellt den Heiligen Willibrord dar. Er wurde 695 zum Bischof von Utrecht geweiht und gründete 698 das Kloster Echternach. Meist wird er, wie auch in Ascheberg, in Kleidung eines Bischofs mit Mitra und Hirtenstab sowie einem Kirchenmodell in der Hand dargestellt. Die linke Figur zeigt den Heiligen Bonifatius. Er trägt als Bischof ebenfalls eine Mitra sowie einen Hirtenstab und hält ein mit einem Schwert durchbohrtes Buch in der Hand. Der Heilige Bonifatius kehrte noch im hohen Alter in die Mission zurück, verkündete das Evangelium und wurde während einer Firmspendung erschlagen. Das mit einem Dolch durchbohrte Evangelium ist ein spezifisches Merkmal des dargestellten Bischofs, der mit dem Buch seine Ermordung versuchte abzuwehren und verdeutlicht gleichzeitig sein unermüdliches Verkünden des Evangeliums. Oft werden der Heilige Willibrord und der Heilige Bonifatius gemeinsam dargestellt. Gekrönt wird der Hochaltar von der Dreifaltigkeitsgruppe, die Bestandteil des barocken Altars von 1754 war.

Das Altarbild „Christus und die Samariterin“

Das Gemälde im barocken Hochaltar aus Amersfoort wurde von Abraham Bloemaert (1564-1651) gemalt und trägt den Titel „Christus und die Samariterin“. Das Kunstwerk wurde in Ascheberg nur wenig wertgeschätzt und wurde daher 1962 durch das neu erworbene Gemälde „Die Kreuzabnahme“ eines unbekannten Künstlers ersetzt. Das Werk „Christus und die Samariterin“ wurde auf die Orgelempore verlegt und erst 1994 in seiner Bedeutung erkannt. Es handelt sich um ein 220 cm hohes und 170 cm tiefes Gemälde, das als ein Kunstwerk Bloemaerts erkannt wurde und welches der Kunsthistoriker Marcel Roethilsberger auf das Jahr 1613 datiert. Die Bloemaert-Zuschreibung erfolgte indes ohne Kenntnis über den Aufenthaltsort des Gemäldes. Auch in Ascheberg ahnte niemand, dass das inzwischen beschädigte und verschmutzte Bild kunsthistorisch bedeutend ist.

Die abgebildete Szene basiert auf einer Erzählung des Johannesevangeliums. Jesus bittet, erschöpft auf seiner Reise nach Galiläa, an einem Brunnen eine Samariterin, die Wasser schöpft, um etwas zu trinken (vgl. Joh 4,7). Diese ist verwundert über Jesu Anfrage, da Juden keinen Umgang mit Samaritern pflegten (vgl. Joh 4,9).

Abraham Bloemaert diente diese Erzählung als Motiv in drei Gemälden. Das Gemälde in Ascheberg gilt als erstes Exemplar. Ein zweites Exemplar, dessen aktueller Aufbewahrungsort unbekannt ist, wurde 1989 in London verkauft. Das dritte Exemplar befindet sich im Museum of Fine Arts in St. Petersburgh (Florida).

Theologische und kunsthistorische Einordnung des Gemäldes

In Bezug auf die theologische und kunsthistorische Bedeutung des Bildes werden unterschiedliche Deutungsschwerpunkte gesetzt. Die Verwendung der Erzählung des Johannesevangeliums als Altarbild gilt als ungewöhnlich. In Altarbilder werden meist Hochfeste der Liturgie abgebildet, zu denen die Szene zwischen Jesus und der Samariterin am Brunnen nicht gezählt wird. Die Biografie des Künstlers Bloemaert macht eine Deutung möglich, wieso der Künstler diese Bibelerzählung als Motiv wählte. Abraham Bloemaert heiratete 1592 Judith van Schonenburg und zog mit ihr in eine Wohnung, die Teil des Maria-Magdalenen-Klosters war. Dieses sogenannte „Kloster der bekehrten Schwestern“ widmete sich der Aufgabe, gefallene Frauen aufzunehmen und zu einem besseren christlichen Leben zu bekehren. Es ging um die Aufnahme und Bekehrung von Prostituierten. Mit dieser Tätigkeit ergibt sich ein Zusammenhang zwischen den Schwestern des Maria-Magdalenen-Kloster und der Erzählung von Jesus und der Samariterin. Die Schwestern des Klosters wandten sich den bedürftigen Frauen trotz ihrer sündhaften Vergangenheit zu, ebenso wie Jesus sich der Samariterin, in den Augen der Juden einer Sünderin, zuwandte. Zudem gelang es ihm, die Samariterin zu bekehren (vgl. Joh 4,29). Auf Grundlage der Biografie Bloemaerts erkennt Kunsthistoriker Xander van Eck das Thema der Bekehrung als zentrales Thema des Gemäldes und entdeckt eine enge Verwandtschaft zwischen dem Gemälde in Ascheberg und späteren Gemälden Bloemaerts, in denen das Thema der Bekehrung ebenso zentral ist.

Die Gestik der Figuren im Hintergrund weisen auf ein Staunen oder ein Wundern hin. Im Zusammenhang mit der Erzählung des Johannesevangeliums werden die Figuren als Jesu Jünger identifiziert. Diese staunen oder wundern sich über Jesu Verhalten, der von der Samariterin nicht nur etwas zu trinken nimmt, sondern darüber hinaus mit ihr ein Gespräch führt (vgl. Joh 4,27). Entscheidend an dieser Stelle ist, dass sie sich über Jesu Verhalten wundern, sein Verhalten aber nicht hinterfragten (vgl. Joh 4,27).

Oftmals wird durch das Motiv des Wassers eine Verbundenheit zum Sakrament der Taufe hergestellt. Der Ort der Szene, der Brunnen, sowie der Krug, der auf dem Brunnen steht, geben Hinweis auf Jesu Beschreibung vom lebendigen Wasser (vgl. Joh 4,10-14). Jesus antwortet auf die Frage der Samariterin, wie er das lebendige Wasser aus dem Brunnen schöpfen möchte, mit einer genaueren Beschreibung des Wassers. Wer von seinem Wasser trinke, der leide keinen Durst mehr und es wird in den Menschen zu einer Quelle, deren Wasser „ins ewige Leben fliest“ (Joh 4,14). Die Symbolik des Wassers in dem Gemälde und Jesu Beschreibung in der Bibelstelle geben Hinweis auf die Taufe als heilsvermittelnde Wirklichkeit. Sie führt zu einer Verbundenheit mit Jesus Christus und dem Heiligen Geist und schafft damit eine neue Existenzgrundlage des Menschen.

Im Gegensatz zu den beiden späteren Gemälden, in denen Bloemaerts die Erzählung darstellt, blicken sich Jesus und die Samariterin in dem Ascheberger Gemälde nicht an. Jesus neigt seinen Kopf in den Nacken und schaut nach oben. Sein nach oben gerichteter Blick wird mit der Geste seiner rechten Hand, mit der er auf sich zeigt, in Verbindung gebracht. Bloemaert greift mit dem Blick und der Geste Jesu die Selbstoffenbarung in der biblischen Erzählung auf, in der sich Jesus nach der Vermutung der Samariterin, „der Messias kommt, der Christus heißt“ (Joh 4,25) mit den Worten „ich bin es“ (Joh 4,26) zu erkennen gibt. Dieses Zusammenspiel von Blick und Geste verdeutlicht die Selbstoffenbarung Jesu Christi, der sich „als der vom Vater gesandte Sohn“ offenbart.

Literatur

Hochaltar

Angenendt, Arnold, Art. Bonifatius, in: LThK Bd.2 (1994), 575-577.

Angenendt, Arnold, Art. Willibrord, in: LThK Bd.10 (2001), 1081-1083.

Braunfels, Wolfgang, Art. Dreifaltigkeit. II. Ikonographie, in: LCI Bd.1 (1968), 525-537, hier 528.

Holl, Oskar, Art. Lamm. Lamm Gottes, in: LCI Bd.3 (1971), 7-14.

Kiesel, Georges, Art. Bonifatius, in: LCI Bd.5 (1973), 427-436.

Kiesel, Georges, Art. Willibrord, in: LCI Bd.8 (1976), 616-623.

Löffler, Peter, Zur Geschichte der Pfarrei Ascheberg, in: Katholische Pfarrgemeinde St. Lambertus Ascheberg (Hrsg.), 450 Jahre St. Lambertus Ascheberg, Münster 1974, 9-19.

Müller, Helmut, Ascheberg. Geschichte eines münsterländischen Ortes von den Anfängen bis zur kommunalen Neuordnung 1975, Münster 1978.

Schütte, Reinhard, Ascheberg. St. Lambertus, München/Zürich 1991.

Staal, Caspar, Ein ungewöhnliches Gemälde von Abraham Bloemaerts. Vom niederländischen Amersfoort nach Ascheberg im Münsterland, Bielefeld 2017.

Gemälde

Staal, Caspar, Ein ungewöhnliches Gemälde von Abraham Bloemaerts. Vom niederländischen Amersfoort nach Ascheberg im Münsterland, Bielefeld 2017.

van Campen, J.W.C., Stichting en status van het Wittevrpuwenklooster te Utrecht, in: Archief voor de geschiedenis van de katholieke kerk in Nederland 17 (1975) 2, 101-130.

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