Die Strahlenmadonna
Mitten im Kirchenraum ist eine Figur zu sehen. In der Wolke, auf der sie steht, ist eine Inschrift zu entdecken: „Agnes Kosters vidua Antony Torlinsen dedit Anno 1690“. Das bedeutet, Agnes Kosters gab diese Figur im Jahr 1690. Wer war Agnes Kosters? Und warum schenkte sie der Kirche diese Skulptur?
Die Strahlenmadonna
Mein Name ist Agnes Torlinsen. Ich bin die Witwe des Aschebergers Küsters Anton Torlinsen und lebe in dem kleinen Küsterhaus direkt neben der Kirche. Als ich die folgende Geschichte erlebte war ich jedoch noch nicht verheiratet und hieß noch Agnes Kösters. Im Jahr 1690 schenkte ich meiner Pfarrgemeinde diese Strahlenmadonna. Warum, erzähle ich Dir:
Vor einiger Zeit ist mir etwas Furchtbares passiert. An einem Herbstabend begann es schon am frühen Abend, dunkel zu werden. Ich war in der Davert unterwegs und wollte zurück nach Hause gehen. Vor Einbruch der Dunkelheit wollte ich es bis nach Hause schaffen, bin aber zu spät aufgebrochen. Je weiter ich ging, umso dunkler wurde es. Und als es ganz dunkel war, konnte ich dem Weg durch die Davert einfach nicht folgen. Ich hatte so große Angst, im moorigen Kolk zu versinken. Dabei war ich mir so sicher, den Weg genau zu kennen. Völlig orientierungslos irrte ich durch die Davert. Es war so dunkel und kalt! Ich hatte einfach so furchtbar große Angst, den Weg nach Hause nicht mehr zu finden…
Ich betete zur Mutter Jesu: „O Maria hilf! Hilf mir in meiner Not. Hilf mir, nach Hause zu finden!“ Doch auch nach intensiven Gebeten fand ich den Weg nicht. Dann setzte ich mich auf einen Baumstamm, den ich mit der Hand ertasten konnte. Ich wusste einfach nicht, in welche Richtung ich gehen muss, um ins Dorf zu kommen. Voller Verzweiflungversprach ich: „Maria, Mutter Gottes, wenn du mir den Weg nach Hause weißt, spende ich dir zu Ehren ein wertvolles, kunstvoll gestaltetes Geschenk.“ Und tief im Inneren glaubte ich fest daran, dass Gott mir helfen wird. Und nach einiger Zeit und ein paar Schritten in die Richtung, in die mich meine Intuition führte, konnte ich ein kleines Licht erkennen. Was war das? „Da! Da muss jemand wohnen“, dachte ich, lief schnell, aber vorsichtig, immer weiter Richtung Licht und konnte so dem gefährlichen Moor entrinnen.
Ich hatte also versprochen, der Kirche ein Geschenk zu machen. Das Versprechen habe ich gehalten! Gleich nach meiner Rettung habe ich eine mit Gold verzierte Darstellung der Gottesmutter Maria, eine Strahlenmadonna, in Auftrag gegeben. Eine Strahlenmadonna, weil sie von vielen Strahlen umgeben ist.
Und nun hängt sie hier. Die Strahlenmadonna, die ich der Pfarrgemeinde als Dank für meine Rettung spendete – so wie ich es Gott versprochen habe.
Die Mutter Jesu erinnert an das Erfüllen meiner Bitten. Hier mitten im Kirchraum gefällt sie mir so gut! Sie hängt schwebend im Kirchenraum – deswegen muss man ein wenig hinaufschauen, um sie sehen zu können.
Die Strahlenmadonna wirkt in der großen Hallenkirche genau passend. Wir und viele andere Menschen leben mit ihren Familien um die Kirche herum in kleinen, dunklen Häusern. In dem großen Kirchenraum zu sein, ist ein ganz anderes Gefühl. Hier hallt die Stimme, wenn ich spreche. Das Licht fällt durch die bunten Fenster. Die große Kirche bietet Platz. Genug Platz, um mich zurückzuziehen. Hier komme ich an, weil ich an diesem Ort all meine Sorgen und Bitten loswerden kann. Gleichzeitig werden hier mit vielen Menschen Gottesdienste gefeiert. Solch große Räume sind ein großer Gegensatz zu unseren kleinen Häusern rund um die Kirche.
Egal ob für das persönliche Gebet oder den gemeinsamen Gottesdienst – die Kirche ist wirklich ein ganz besonderer Ort!
Weitere Themen:
Kunsthistorische Einschätzung der Strahlenmadonna
Der Kirchturm
Die Entstehung der Pfarrgemeinde
Heilige Katharina
Einführung
Einführung
Kanzel
Chorraum
Strahlenmadonna